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Neubeginn der Schwesternstation                                                                               

mit den Schwestern vom Kloster Untermarchtal (1947 – 1985)                                                                                                                                                         13.8.2010

 

 

1943 wurden die Schwestern aus Reute abgezogen. Die Schwesternstation stand leer. Der Kindergarten wurde vorübergehend durch behördliche Anweisung als NSV-Kindergarten weitergeführt (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). Ab Jahresende 1943 wurden die Kranken in Unlingen von einer Untermarchtaler Krankenschwester vom Nachbarort Möhringen aus betreut. 

Pfarrer Schoch ( …) ist es zu verdanken, dass die verwaiste, dringend notwendige Schwesternstation wieder besetzt werden konnte. 

 

Ein Schreiben von Pfr. Schoch vom 23.9.1946 an Mutter Oberin Euphemia zeigt, seine Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Unlinger Station.
 

Wohlerwürdige Frau MUTTER! 

  

Vergangene Woche konnten die Schwestern von Möhringen mitteilen, Euer Wohlehrwürden seien in der Lage die Schwesternstation im Laufe des Herbstes zu eröffnen.
Dies löste große Freude hier aus. Denn der Wunsch nach derselben ist ein allgemeiner und dringender.
Der stellvertretende Bürgermeister, drei Gemeinderäte, sowie die beiden Schwestern von Möhringen besichtigten die vorgesehene Wohnung. In derselben waren bis vorige Woche Evakuierte aus dem Rheinland untergebracht gewesen. Alle, welche die Wohnräume besichtigten, waren darin einig: „Dieselben sind in einem trostlosen Zustand.“ Namentlich die Fenster sind direkt erneuerungsbedürftig. Die Vertreter der Gemeinde versprachen, alles zu tun die Wohnung menschenwürdig herzurichten. Der Gemeindevorstand glaubte, sie sei bis Mitte Oktober instandgesetzt. Die anderen wünschten, es möge ihm gelingen.
Da ich kein Freund von Flausen & Floskeln bin, bitte ich, das Mutterhaus wolle selbst die Wohnung in Augenschein nehmen und dann sagen, welche Mindesterwartungen vor dem Bezug derselben erfüllt sein müssen.
Mit herzlichem Dank für das wohlwollende Entgegenkommen bin ich Euer Wohlehrwürden ergebener Pfr. Schoch. 

  

Die Wohnung war, wie vom Herrn Pfarrer angekündigt, in einem recht schlechten Zustand. Die Reaktion der Mutter Oberin im Schreiben (31.10.1946) an den Herrn Bürgermeister war deutlich:
“Nach Besichtigung der Schwesternwohnung sind wir der Ansicht, dass die Station wohl erst im Frühjahr besetzt werden kann...In aller Höflichkeit ersuchen wir, sich unterdessen um die Renovierung der Schwesternwohnung annehmen zu wollen...Unserer Ansicht nach handelt es sich um vollen Fensterersatz, Erneuerung einzelner Fußböden, u.a. auch des Bodenbelages im Gang wie auch in der Kinderschule. Es ist Ihnen wohl nicht entgangen, dass Außen und Innenwände der Wohnung durchweg der Erneuerung bedürfen, um nur einigermaßen ein Bild der Ordnung darzustellen. Die Wohnung entbehrt – wie wir sahen – noch aller Möbel, da nur ein wurmstichiger Tisch und Kasten zu sehen war.

Wir dürfen anfügen, dass Ordensschwestern – ob sie nun von Untermarchtal oder anderswoher sind – nicht auf eine neuzeitliche Wohnungseinrichtung Anspruch erheben, aber geordnet muss der Aufenthalt der Schwestern sein können.“ 

 

Pfarrer Schoch notiert noch als handschriftliche Bemerkung, sozusagen außerhalb des Protokolls die Reaktion der Frau Mutter Euphemia während der ersten Besichtigung: „Das ist schon das Mindeste, was ich bis jetzt als Schwesternwohnung gesehen habe.“ 

Bei der zweiten Besichtigung der Räumlichkeiten am 19. Mai 1947, muss die Wohnung wohl den erwarteten Mindest-Anforderungen entsprochen haben. Denn ein Vertrag kam 29. Juni 1947 zustande. Der Vertrag konnte an diesem Sonntagnachmittag nur mit einer kleiner Verzögerung abgeschlossen werden. Frau Mutter hatte den Vertrag in Untermarchtal liegen lassen. Das kleine Problem löste der Schlosserlehrlíng Josef Selig. Der junge Bursche fuhr mit seinem Fahrrad ins Kloster und holte die fehlenden Unterlagen. (Heute ist Josef Selig immer noch für die Kirchengemeinde tätig, seit ist in seiner Heimatgemeinde Pfarrer im Ruhestand.)

 

Vertrag zwischen den Generalobern der barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul zu Untermarchtal und dem Caritasverein Unlingen:

Die Ordensobern der barmherzigen Schwestern zu Untermarchtal verpflichten sich durch gegenwärtigen Vertrag, barmherzige Schwestern zu überlassen, die
a) die Krankenpflege in der Gemeinde
b) den freiwilligen Handarbeitsunterricht für die schulpflichtigen Mädchen
c) den Nähunterricht für schulentlassene Mädchen
d) die Besorgung der Kleinkinderschule übernehmen

Der Caritasverein übernimmt u.a. die Verköstigung der Schwestern; 

Das Spital Riedlingen hat dem Caritasverein im Dezember für die Einrichtung der Schwesternstation aus seinen Beständen gegen 1 Zentner Weizen und 120 RM überlassen:

Eine Weichholzkommode, ein Kleiderkasten, ein Nachttischchen, ein kleines Abstelltischchen, eine Bettlade mit Bettwäsche. 

 

Die beiden ersten Schwestern, die in der Unlinger Schwesternstation nach knapp 4 Jahren ohne Schwesternstation im Sommer 1947 ihre Tätigkeit aufnahmen, waren Kinderschwester Dorina und Krankenschwester Mazeda. Zur Unterstützung der beiden ersten Schwestern kam einen Monat später Schwester Katharina nach. Sie war allerdings schon 80 Jahre alt und half bei der Haushaltsführung mit.

Schwester Mazeda blieb 16 Jahre lang in Unlingen und betreute die Kranken.

  

Vom Caritasverein bekam die Schwesternstation ein monatliches Haushaltungsgeld. Vor 1966 war dies der bescheidene Beitrag von 30 DM pro Schwester. Hinzu kam ein kleines Weihnachtsgeld. Mit dem Umzug ins neue Schwesternhaus wurde das Haushaltungsgeld auf 70 DM erhöht.

Für die Besorgung der Kirchenwäsche bekamen die Schwestern von der Kirchenpflege ein kleines Entgelt. 

Ebenso einfach und bescheiden wie die Räumlichkeiten, in den die Schwestern arbeiteten und lebten, waren auch die sonstigen Bedingungen. Der enge finanzielle Rahmen machte es unumgänglich, dass die Schwestern auf Zuwendungen der Unlingen Einwohner angewiesen waren. Neben einem Vergelt`s Gott bekamen sie etwas aus dem Garten oder der Speisekammer mit. 

Eine immer willkommene Gabe waren Blumen. Schwester Mazeda nahm sie gerne an, denn sie war auch für den Blumenschmuck in der Kirche zuständig. 

Gewiss sollen die Schwestern ein bescheidenes Leben führen, aber zu einem  starken Angewiesensein auf Naturalspenden darf dies nicht führen. Um die Schwestern nicht in Abhängigkeit zu bringen, erhöhte die Kirchenpflege nach und nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten gemäß das Haushaltungsgeld. Mit dem Umzug ins neue Schwesternhaus (1965) wurde das monatliche Haushaltungsgeld für jede Schwester auf 70 DM erhöht, ab 7.2.1972  auf 150 DM erhöht. 

 

Um den Bestand und die Verwaltung der Schwesternstation möglichst zu erleichtern und sichern, wurde zwischen der bürgerlichen Gemeinde und dem Caritasverein vertraglich am 1.12.1947 vereinbart: Die Gemeinde stellt die Räumlichkeiten und einen Gartenanteil unentgeltlich zur Verfügung. Außerdem übernimmt die Gemeinde die Kosten für die Instandsetzung, Unterhaltung, Beleuchtung und Heizung. Der Caritasverein kommt für die Schwestervergütung an das Mutterhaus, die Verköstigung der Schwestern, die vorgeschriebenen Versicherungen, die Beschaffung, Unterhaltung und Ergänzung des Mobiliars, sowie die Bedarfsgegenstände auf. 

Die Ausgaben der Schwesternstation mussten zum Teil auch von der Gemeinde getragen getragen werden:
 
Auszug aus der Verhandlungsniederschrift des Gemeinderates, verhandelt am 25. 2. 1948: „§1 Durch die gütige Berücksichtigung bzw. Bevorzugung der Gemeinde Unlingen durch das Mutterhaus Untermarchtal, konnte im Jahr 1947 die hiesige Schwesternstation wieder eröffnet werden....wird heute einstimmig beschlossen: Die Gemeinde übernimmt für das laufende Geschäftsjahr 1948 die Aufbringung des Fehlbetrages der Karitasjahresrechnung, den der Jahresbeitrag des Karitasverein (im Jahre 1948 pro Mitglied 5 M) nicht deckt.“
Der Fehlbetrag belief sich im Jahr 1948 auf 142,88 M.

Beinahe 40 Jahre lang waren Schwestern des hl. Vinzenz von Paul aus dem Kloster Untermarchtal in Unlingen segensreich tätig:

Sr. Mazeda, (Volz)    Krankenschwester,        22.6.1947 – 5.7.1963

Sr. Dorina, (Wolpert)     Kinderschwester    22.6.1947 – 28.11.1950
Sr. Confessa    , (Rummel)    Kinderschwester    15.3.1951 – 2.7.1963
Sr. Katharina    , (Schmid)                 24.7.1947 – 7.11.1950
Sr. Cantianilla, (Buchstab)                25.1.1950 – 24.7.1950
Sr. Erno, (Bernhard)                25.11.1950 – 2.5.1953
Sr. Eurosina, (Rupp)                25.4.1953 – 25.7.1953
Sr. Mellona, (Bücheler)    Kinderschwester    16.6.1963 – 17.7.1976
Sr. Richardina, (Konrad)    Kinderschwester    3.7.1963 – 16.6.1969
Sr. Ermenburgis, (Weber)    Krankenschwester    3.7.1969 – 17.6.1976
andere Angabe (Mesner Ocker)            5.7.1960 – 9.10.1979
Sr. Zita, (Heumann)        Kinderschwester    2.7.1976 – 15.3.1985

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